Nebenwirkungen hormoneller Verhütungsmittel auf die Psyche: Ein Überblick

Hormonelle Verhütungsmittel, wie die Antibabypille, Hormonpflaster, das Verhütungspflaster oder hormonelle Spiralen, werden weltweit von Millionen Frauen zur Schwangerschaftsverhütung genutzt. Die positiven Aspekte sind offensichtlich: Sie bieten eine einfache und wirksame Möglichkeit, eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Doch in den letzten Jahren ist das Bewusstsein für mögliche Nebenwirkungen – insbesondere auf die psychische Gesundheit – stark gestiegen.

Wie wirken hormonelle Verhütungsmittel?

Um die Auswirkungen auf die Psyche zu verstehen, ist es wichtig, die Funktionsweise dieser Mittel zu beleuchten. Hormonelle Verhütungsmittel enthalten synthetische Hormone, meist Östrogen und Gestagen (oder nur Gestagen in der Minipille). Diese Hormone verhindern den Eisprung und beeinflussen den Gebärmutterhals sowie die Schleimhaut der Gebärmutter, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Durch die Einnahme solcher Präparate wird der natürliche Hormonhaushalt der Frau verändert.

Mögliche psychische Nebenwirkungen

Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit:
Viele Frauen berichten von unvorhersehbaren Stimmungsschwankungen, die sie vorher nicht hatten. Diese können sich in Form von Reizbarkeit, Nervosität oder einer niedrigeren Reizschwelle äußern. Studien zeigen, dass hormonelle Verhütungsmittel die Konzentration bestimmter Neurotransmitter im Gehirn verändern können, die für die Regulierung der Stimmung verantwortlich sind.

Depressionen:
Der Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und Depressionen wird zunehmend erforscht. In einer Studie aus Dänemark von 2016 wurde festgestellt, dass Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen, ein erhöhtes Risiko haben, an Depressionen zu erkranken und Antidepressiva zu benötigen. Besonders betroffen scheinen junge Frauen und Teenager zu sein. Dieses Risiko könnte darauf zurückzuführen sein, dass die künstlichen Hormone das Gleichgewicht von Serotonin, dem sogenannten “Glückshormon”, beeinflussen.

Angstzustände:
Neben Depressionen berichten viele Frauen auch über ein verstärktes Auftreten von Angstzuständen. Diese können von allgemeinen Sorgen bis hin zu Panikattacken reichen. Die Veränderungen im Hormonhaushalt können zu einer verstärkten Stressreaktion führen, was das subjektive Erleben von Angst verstärken kann.

Libidoverlust:
Ein weiteres häufiges Problem ist der Verlust der sexuellen Lust. Durch die Veränderungen im Hormonhaushalt wird oft das sexuelle Verlangen gedämpft. Dies kann sowohl auf physische Faktoren wie eine veränderte Durchblutung als auch auf psychische Faktoren wie eine depressive Verstimmung zurückgeführt werden.

Verstärkung bestehender psychischer Probleme:
Frauen, die bereits vor der Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln an psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen litten, berichten häufig, dass sich ihre Symptome verstärken. Besonders in dieser Gruppe sollte die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel eng mit einem Arzt abgesprochen und überwacht werden.

Warum reagieren manche Frauen stärker?

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Frau diese Nebenwirkungen erlebt. Der Grund dafür liegt in der individuellen Sensibilität gegenüber Hormonen. Der weibliche Zyklus ist ein komplexes System, das durch viele verschiedene Hormone reguliert wird. Bei einigen Frauen können schon geringe Veränderungen im Hormonhaushalt, wie sie durch die Einnahme der Pille oder anderer Präparate entstehen, erhebliche Auswirkungen auf die Psyche haben. Genetik, Stresslevel und bestehende psychische Belastungen spielen ebenfalls eine Rolle.

Was tun bei psychischen Nebenwirkungen?

Wenn eine Frau vermutet, dass ihre Verhütungsmethode psychische Nebenwirkungen verursacht, ist es ratsam, zeitnah mit einem Arzt oder einer Ärztin zu sprechen. Es gibt viele verschiedene hormonelle Verhütungsmethoden, und nicht alle haben die gleichen Auswirkungen. Zudem können auch nicht-hormonelle Methoden, wie die Kupferspirale, eine Option sein, um psychische Symptome zu vermeiden. Der Dialog mit einem medizinischen Fachpersonal ist entscheidend, um gemeinsam die beste Lösung zu finden.

Fazit

Hormonelle Verhütungsmittel bieten eine praktische und effektive Methode zur Schwangerschaftsverhütung, aber ihre Auswirkungen auf die Psyche dürfen nicht unterschätzt werden. Die Nebenwirkungen können von leichten Stimmungsschwankungen bis hin zu schwereren psychischen Erkrankungen wie Depressionen reichen. Jede Frau reagiert anders auf hormonelle Veränderungen, daher ist es wichtig, auf den eigenen Körper und die eigene mentale Gesundheit zu achten und sich bei Bedarf medizinischen Rat zu holen. Ein offener Austausch über die psychischen Nebenwirkungen hormoneller Verhütungsmittel kann dabei helfen, die richtige Verhütungsmethode zu finden, die den individuellen Bedürfnissen entspricht.

Gerne gebe ich Ihnen einige spezifischere wissenschaftliche Veröffentlichungen und Studien, die den Zusammenhang zwischen hormonellen Verhütungsmitteln und psychischen Nebenwirkungen belegen:

Skovlund et al. (2016) – Hormonelle Kontrazeptiva und Depressionen
Quelle: Skovlund, C. W., Mørch, L. S., Kessing, L. V., & Lidegaard, Ø. (2016). Association of Hormonal Contraception With Depression. JAMA Psychiatry, 73(11), 1154–1162. doi:10.1001/jamapsychiatry.2016.2387

Zethraeus et al. (2017) – Auswirkungen auf Stimmung und Lebensqualität
Quelle: Zethraeus, N., Kocoska-Maras, L., Ellingsen, T., von Schoultz, B., Hirschberg, A. L., & Johannesson, M. (2017). A randomized clinical trial of the effect of combined hormonal contraceptives on mood and emotional well-being. Fertility and Sterility, 107(5), 1238-1245. doi:10.1016/j.fertnstert.2017.03.010

Ott et al. (2008) – Neurobiologische Effekte von Östrogenen und Gestagenen
Quelle: Ott, J., Nouri, K., & Kurz, C. (2008). Neuropsychiatric Aspects of Hormonal Contraceptives.
Therapeutische Umschau, 65(8), 505-510.

Toffol et al. (2011) – Einfluss auf depressive Symptome
Quelle: Toffol, E., Heikinheimo, O., & Partonen, T. (2011). Hormonal contraception and mental health: results of a population-based study. Human Reproduction, 26(11), 3085-3093. doi:10.1093/humrep/der306

Kulkarni et al. (2007) – Hormonelle Verhütung und emotionale Reaktionen
Quelle: Kulkarni, J., Liew, J., Garland, K. A., & Gavrilidis, E. (2007). Depression associated with combined oral contraceptives – A pilot study. Australian & New Zealand Journal of Psychiatry, 41(11), 907-910. doi:10.1080/00048670701689444

Schnatz et al. (2015) – Hormonelle Kontrazeptiva und Angstzustände
Quelle: Schnatz, P. F., Whitehurst, S. K., O’Sullivan, D. M. (2015). Hormonal contraception and psychological health. Menopause, 22(9), 942-949. doi:10.1097/GME.0000000000000409

Diese wissenschaftlichen Studien liefern wertvolle Einblicke in die psychischen Nebenwirkungen hormoneller Verhütungsmittel. Insbesondere die Wechselwirkungen zwischen den Hormonen und Neurotransmittern im Gehirn erklären, warum viele Frauen unter stimmungsbezogenen Nebenwirkungen leiden können. Es ist jedoch wichtig, die individuelle Reaktion zu berücksichtigen, da nicht alle Frauen diese Nebenwirkungen erleben.

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