Veränderungen im Leben: Warum unser Gehirn Routinen liebt und wie wir uns besser auf Neues einstellen können

Das Leben ist geprägt von Veränderungen, ob im Beruf, in Beziehungen oder durch äußere Umstände. Für viele Menschen bedeuten diese Veränderungen eine Herausforderung. Das liegt nicht nur an den äußeren Umständen, sondern vor allem an den Prozessen in unserem Gehirn. Doch obwohl unser Gehirn Routinen liebt, können wir lernen, mit dem Unbekannten besser umzugehen und es sogar als Chance zu begreifen.

Warum unser Gehirn Routinen liebt

Unser Gehirn ist darauf programmiert, Energie zu sparen. Routinen sind effizient, da sie bekannte Handlungen und Denkprozesse automatisieren. Wenn wir beispielsweise einmal gelernt haben, wie man Auto fährt, wird dieser Prozess immer leichter. Unser Gehirn benötigt weniger Energie, um Routineaufgaben zu bewältigen, was uns wiederum erlaubt, kognitive Ressourcen für andere Herausforderungen einzusetzen.

Laut der Psychologin Wendy Wood, einer Expertin auf dem Gebiet der Gewohnheitsforschung, bestehen rund 43 Prozent unserer täglichen Handlungen aus Routinen. Dies zeigt, wie sehr unser Gehirn darauf ausgelegt ist, bekannte Muster zu bevorzugen, um Stabilität und Vorhersehbarkeit zu gewährleisten.

Warum Veränderungen oft Unbehagen auslösen

Neues oder Unbekanntes verlangt von uns, diese Automatismen zu durchbrechen und uns bewusst mit der Situation auseinanderzusetzen. Dies bedeutet für das Gehirn zunächst einmal zusätzlichen Energieaufwand und kann Unsicherheit auslösen. In der Psychologie wird dieser Zustand als kognitive Dissonanz bezeichnet – der mentale Stress, der entsteht, wenn alte Denk- oder Verhaltensmuster mit neuen Anforderungen in Konflikt geraten (Festinger, 1957).

Zusätzlich verstärkt das Belohnungssystem unseres Gehirns den Wunsch nach Stabilität. Positive Gefühle entstehen oft durch bekannte, belohnende Verhaltensweisen, während Veränderungen zunächst keine klaren Belohnungen bieten.

Strategien, um mit Veränderungen besser klarzukommen

Trotz dieser biologischen Prädisposition können wir unser Gehirn darauf trainieren, mit Veränderungen flexibler umzugehen. Hier sind einige Ansätze, die sich bewährt haben:

Kleine Schritte wagen

Große Veränderungen wirken oft überwältigend. Indem wir uns auf kleine, überschaubare Schritte konzentrieren, können wir Unsicherheit reduzieren. Das Gehirn kann sich so schrittweise an neue Situationen gewöhnen.

Achtsamkeit und Reflexion

Achtsamkeitsübungen können helfen, Stress und Unsicherheit zu reduzieren. Studien haben gezeigt, dass Achtsamkeit die Aktivität im präfrontalen Kortex erhöht – dem Bereich des Gehirns, der für bewusstes Denken und Entscheidungsfindung zuständig ist (Hölzel et al., 2011).

Positiver Umgang mit Fehlern

Fehler sind unvermeidlich, wenn wir uns auf Neues einlassen. Statt sie als Scheitern zu betrachten, sollten wir sie als Teil des Lernprozesses akzeptieren. Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen mit einer sogenannten Growth Mindset-Einstellung (Dweck, 2006) Veränderungen besser bewältigen, da sie Fehler als Chance zur Weiterentwicklung sehen.

Soziale Unterstützung nutzen

Veränderungen fallen leichter, wenn wir uns mit anderen austauschen. Soziale Bindungen aktivieren das Belohnungssystem des Gehirns und können Sicherheit in unsicheren Zeiten geben.

Gezielte Neugier fördern

Neugier hilft, die Angst vor dem Unbekannten zu reduzieren. Indem wir uns bewusst für neue Erfahrungen interessieren, belohnt uns unser Gehirn mit Dopamin, einem „Glückshormon“, das uns motiviert, weiterzumachen.

Fazit

Unser Gehirn liebt Routinen, weil sie Energie sparen und Sicherheit bieten. Doch das Leben erfordert, dass wir uns immer wieder an Neues anpassen. Durch gezielte Strategien wie Achtsamkeit, Neugier und kleine Schritte können wir lernen, Veränderungen nicht nur zu akzeptieren, sondern sie auch als Chance zu sehen. Letztlich ist unsere Fähigkeit, flexibel auf das Leben zu reagieren, ein Schlüssel zu persönlichem Wachstum und Resilienz.

Quellen

  • Festinger, L. (1957). A Theory of Cognitive Dissonance.Stanford University Press.
  • Hölzel, B. K., et al. (2011). “Mindfulness practice leads to increases in regional brain gray matter density.” Psychiatry Research: Neuroimaging, 191(1), 36-43.
  • Wood, W., & Neal, D. T. (2007). “A new look at habits and the habit-goal interface.” Psychological Review, 114(4), 843–863.
  • Dweck, C. S. (2006). Mindset: The New Psychology of Success. Random House.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

drei × 4 =